Biodiversität schwindet rasant – Wie Du die Artenvielfalt schützen kannst
Liebe Leserin, lieber Leser,
zuerst die schlechte Nachricht: Nicht nur der Klimawandel bedroht die Existenz der Menschheit, sondern auch die schwindende Biodiversität mit dem immer schneller voranschreitenden Massenaussterben der Arten.
Der Weltbiodiversitätsrat der Vereinten Nationen IPBES hatte im Mai 2020 in seinem Bericht zum globalen Zustand der Biodiversität (1) erschreckende Fakten veröffentlicht. Wissenschaftlich wurde bewiesen: Der katastrophale Zustand der Biodiversität mit dem Schwinden der Artenvielfalt ist ohne Zweifel durch uns Menschen verursacht.
Der Zustandsbericht ist erschütternd:
- Eine Million der acht Millionen Arten auf der Erde sind vom Aussterben bedroht.
- Der Artenschwund verläuft in der Gegenwart bis zu hundertmal schneller als im Durchschnitt während der letzten zehn Millionen Jahre.
- 85 Prozent der Feuchtgebiete sind zerstört.
- Der Bestand der Korallenriffe hat sich seit dem 19. Jahrhundert um die Hälfte reduziert.
- Zwischen 1980 und dem Jahr 2000 wurden 100 Millionen Hektar tropischer Regenwald abgeholzt – weitere 32 Millionen Hektar zwischen 2010 und 2015.
- 23 Prozent der Landfläche des Planeten sind ökologisch heruntergewirtschaftet und können nicht mehr genutzt werden.
- 300–400 Millionen Tonnen Müll landen jährlich in den Gewässern der Erde. Der Zustand der Gewässer hat sich seit der Industrialisierung um ca. 60 % verändert.
- Seit Beginn der Industrialisierung hat die Menschheit 75 % der bestehenden Landflächen verändert.
- Rückgang der globalen Biomasse der wild lebenden Säugetiere um 82 %. Nun kommen 96 % der Säugetierbiomasse von Menschen und ihren Nutztieren. (1)
Die Hauptursachen dafür sind laut Zustandsbericht:
- Platz 1: Der menschliche Flächenbedarf ist rasant gewachsen. Dadurch entziehen wir den anderen Arten ihren Lebensraum. Wälder werden für die Landwirtschaft gerodet, beispielsweise für Rinderweiden in Südamerika und für Ölpalm- Plantagen in Südostasien.
- Platz 2: Die Übernutzung der Natur durch den Menschen an Land und im Wasser. Die Überfischung in immer mehr Meeresregionen ist der Hauptgrund für den Artenschwund in den Ozeanen. Viele Meeresbewohner werden schneller gefangen als sie sich vermehren können.
- Platz 3: Klimawandel
- Platz 4: Umweltverschmutzung
Warum ist der Erhalt der Arten und Biodiversität für uns alle wichtig – sogar überlebenswichtig?
In einem Interview sagt der WWF Experte Arnulf Köhncke dazu (2):
„Selbst wenn man alle moralischen Gesichtspunkte außer Acht lässt, darf uns das Artensterben schon im Eigeninteresse nicht egal sein. Denn der Mensch hängt davon ab, dass um ihn herum funktionierende Ökosysteme existieren. Sie sorgen dafür, dass er sauberes Trinkwasser und ausreichend Nahrung hat. Diese Systeme basieren auf den Tier- und Pflanzenarten, die in ihnen leben. Jede Art, die verschwindet, schwächt das System – bis es irgendwann kollabiert. Oder andersherum: Je höher die Artenvielfalt, desto widerstandsfähiger ist ein Ökosystem. Das ist nicht anders als im Flugzeug, wo man auch auf redundante Sicherungen setzt: Fällt eine aus, springt eine andere ein.“
Die Menschheit muss ihr Verhalten also sofort und umfassend ändern.
Und hier die gute Nachricht: Du kannst dem Artensterben entgegenwirken. Sofort. Vor Ort und an weit entfernten Ecken der Welt. Nachfolgend 6 Tipps und Kicks, wie Du die biologische Vielfalt in Deinem Lebensalltag fördern kannst.
Tipps + Kicks:
Hauptursache Nr. 1 für den katastrophalen Zustand der Biodiversität ist der Verlust von Lebensräumen der Arten an Land und im Wasser, durch Nutzung durch den Menschen. Also sollte jeder Mensch der Natur ihre Lebensräume lassen und ihr zudem Flächen zurückgeben.
1. Fleisch- und Milchkonsum reduzieren, mehr pflanzliche Nahrung essen
Reduziere den Fleischkonsum und den Konsum von Milchprodukten. Damit hilfst Du, Flächen einzusparen. Denn der Großteil aller landwirtschaftlichen Flächen wird für die Herstellung von Fleisch- und Milchprodukten genutzt. Für den globalen Futteranbau geht die meiste Fläche verloren. Sogar Regenwald wird dafür gerodet. (3)
Steige weitgehend auf pflanzliche Ernährung um, die weniger landwirtschaftliche Fläche beansprucht und weniger Treibhausgase freisetzt.
Ein Beispiel: Ich ersetze Kuhmilch immer mehr durch Hafermilch, die mir überraschend gut schmeckt – in Barista Qualität sogar für meinen Kaffee. Anstatt Milchjoghurt esse ich immer öfter pflanzlichen Kokos- oder Cashewjoghurt.
Wenn ab und zu Fleisch auf den Teller kommt, dann sollte es ökologisch und regional erzeugtes Fleisch von Bio-Bauern aus Deiner Region sein, die strenge ökologische Standards wie Bioland, Naturland oder Demeter anwenden und im Nährstoffkreislauf arbeiten. Das Futter für die Tiere bauen Öko-Landwirte zu einem großen Teil auf dem eigenen Betrieb an. Der Dung der Tiere wird auf die Felder ausgebracht und dient den Pflanzen als Nahrungsquelle.
2. Produkte ohne Palmöl kaufen
Für Palmöl-Plantagen in Monokultur werden in Asien riesige Mengen Regenwald gerodet und Tierarten wie Orang-Utans, Tiger oder Elefanten ausgerottet. Wir Deutschen importieren jährlich über eine Million Tonnen Palmöl, vorwiegend aus Indonesien und Malaysia. Das billig produzierte Pflanzenöl aus der Ölpalme steckt weltweit in unzähligen Produkten, wie etwa in Lebensmitteln, Süßigkeiten, Kosmetika oder Waschmitteln. (4)
Vermeide also den Kauf von Produkten mit dem Inhaltsstoff Palmöl. Ich studiere beim Einkaufen die Zutatenliste auf dem Produkt, auch bei Bio-Produkten. Doch aufgepasst: Dieser Inhaltsstoff verbirgt sich hinter einer Vielzahl von Begriffen, wie Palmitat, Ethylpalmitat – auch allgemeine Bezeichnungen wie “Pflanzenfett ” sind üblich. Auf der Plattform Utopia findest Du die Liste der Palmölbezeichnungen. Außerdem noch viele Tipps zu palmölfreien Produkten, wie Margarine, Schokoaufstriche, Seifen oder Kosmetika. (5) (6)
Am besten nutzt Du die Codecheck-App (7): Nach dem Scannen des Strichcodes zeigt die App, ob Palmöl im Produkt enthalten ist.
Ich vermeide sogar den Kauf von Bio-Produkten mit dem Inhaltsstoff Palmöl, das als nachhaltig zertifiziert ist. Denn einen wirklich nachhaltigen Anbau kann selbst das RSPO-Siegel noch nicht garantieren. (8)
3. Flächen und Lebensräume für Insekten und andere Tiere schaffen
- Im eigenen Garten und auf dem Balkon Nahrungspflanzen für Bienen und andere Insekten anpflanzen
- Insektenhotels aufstellen
- Im Garten Hecken anpflanzen
- 10 % des Gartens verwildern lassen (gerne mehr)
- Schotter tötet die Natur! Bitte keine Schottergärten oder Schotterflächen anlegen.
- Keine weiteren Flächen versiegeln. Bereits versiegelte Flächen aufbrechen und für die Natur nutzbar machen.
- Unternehmen können auf ihrem Betriebsgelände Blühflächen und Teiche anlegen.
- Die Dächer von Unternehmen könnten begrünt werden.
4. Bäume pflanzen (lassen), bei jeder Gelegenheit
Als Privatperson und als Unternehmen kannst Du Bäume pflanzen, beispielsweise über das Sozialunternehmen Treedom oder indem Du statt Google die Suchmaschine Ecosia nutzt. Wie das funktioniert hatte ich in einem früheren Blog Letter (9) bereits geschildert.
Mit jedem Baum schaffst Du neue Lebensräume für Vögel, Insekten etc.. Außerdem kühlt jeder Baum die Umgebungstemperatur ab und nimmt Treibhausgase auf.
5. Nur Fisch aus nicht übernutzten Beständen essen
Hauptgrund für den Rückgang der Arten in den Meeren ist die Überfischung. Viele Arten wie Thunfisch, Seelachs oder Garnelen stammen aus überfischten Beständen. Durch zerstörerische Fangmethoden werden zugleich andere Meeresbewohner getötet, wie Delfine, Haie oder Schildkröten.
Fisch sollte daher nur ab und zu auf den Teller kommen, und auch nur solcher aus nicht überfischten Beständen mit Nachhaltigkeitssiegeln.
Der WWF-Einkaufsratgeber „Fische und Meeresfrüchte“(10) hilft durchzublicken.
Die App „WWF-Fischratgeber“ (11) kannst Du Dir kostenlos auf Dein Smartphone laden.
6. Senke Deine Treibhausgasemissionen
Der Klimawandel hat laut Bericht des Weltbiodiversitätsrat der Vereinten Nationen IPBES den dritten Platz als Hauptursache für den Rückgang der Biodiversität, noch vor der Umweltverschmutzung. Die Natur kann sich dem rasanten Tempo der Klimaveränderungen nicht so schnell anpassen. Hierzulande sterben gerade Millionen Bäume. In meinem CSR-Blog findest Du in einer Vielzahl der Beiträge konkrete Tipps + Kicks zur Vermeidung und Reduktion der Treibhausgasemissionen, am besten über die Begriffsuche in der Schlagwortwolke.
Der Wandel zu einem Leben in Einklang mit Mensch und Natur beginnt – mit Dir!
Herzliche Grüße
Elke Vohrmann
Quellen:
(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Global_Assessment_Report_on_Biodiversity_and_Ecosystem_Services
Der Global Assessment Report bewertet auf globaler Ebene die in den vergangenen fünfzig Jahren eingetretenen Veränderungen der Biodiversität. Dabei zeichnet er für diesen Zeitraum ein umfassendes Bild der wirtschaftlichen Entwicklung und ihrer Auswirkungen auf die Natur. Er ist ein in dreijähriger Arbeit entstandenes Gemeinschaftswerk von fast 150 Fachautoren aus 50 Ländern, die von etwa 310 weiteren Autoren mit Beiträgen unterstützt wurden. Der Global Assessment Report umfasst etwa 1700 Seiten und ist das Ergebnis der Auswertung von mehr als 15.000 wissenschaftlichen Publikationen und Regierungsdokumenten. Die an seiner Erstellung beteiligten Fachleute sind überwiegend Naturwissenschaftler, zu einem Drittel haben Sozialwissenschaftler mitgewirkt und weitere zehn Prozent sind interdisziplinär tätig.
(2) https://energiewinde.orsted.de/klimawandel-umwelt/klimawandel-beschleunigt-artensterben-wwf
(3) https://utopia.de/weltbiodiversitaetsrat-un-arten-bedroht-138302/
(4) https://www.prowildlife.de/blog/palmoel-orang-utans/
(5) https://utopia.de/ratgeber/palmoel-vermeiden/
(6) https://utopia.de/galerien/palmoel-produkte-marke-palmoelfreie-alternativen/
(7) Codecheck-App https://www.codecheck.info/so-gehts/start
(8) https://utopia.de/ratgeber/palmoel-beim-einkauf/
(10) https://www.wwf.de/aktiv-werden/tipps-fuer-den-alltag/vernuenftig-einkaufen/einkaufsratgeber-fisch/ WWF-Einkaufsratgeber „Fische und Meeresfrüchte“
(11) https://play.google.com/store/apps/details?id=com.compuccino.wwffischratgeber App „WWF-Fischratgeber“
Foto: © Elke Vohrmann