Liebe Leserin, lieber Leser,
willst Du mit Deinem Geld bewusst nachhaltige Unternehmen fördern – und nicht unwissentlich Rüstungskonzerne, Atomkraftwerke oder Kinderarbeit? Und möchtest Du eine höhere Verzinsung als die zurzeit üblichen Null Prozent bekommen, bei einem vertretbaren Risiko?
Vor ein paar Jahren habe ich mir selbst diese Fragen gestellt. Durch 20 Jahre Bankexpertise hatte ich in der Vergangenheit schon einiges über Geldanlagen gelernt. Außerdem hatte ich die Erfahrung gemacht, dass meine privaten Geldanlagen in verschiedenen Aktienfonds auf lange Sicht (7 bis 10 Jahre) die attraktivsten Wertsteigerungen hatten. Doch ich wollte mein Geld nicht mehr in x-beliebige Unternehmen investieren, sondern in nachhaltig wirtschaftende.
Die Suche nach dem für mich stimmigen nachhaltigen Investment in Aktienfonds gestaltete sich anfänglich mühsamer als ich dachte. Ich musst lange recherchieren und diverse Quellen analysieren. Und viele angeblich sozial- und umweltverträglich investierende Fonds stellten sich als Mogelpackungen heraus.
Es gibt eine Fülle an nachhaltigen Anlageprodukten, wie z.B. Aktienfonds, Rentenfonds, Mischfonds aus Aktien und Renten, Indexfonds, Genossenschaftsanteile etc. Ich beschränke mich in diesem Blog-Letter auf nachhaltige Aktienfonds und zeige meine Vorgehensweise, um Fonds mit hohen Nachhaltigkeitsansprüchen und zugleich guter Rendite zu finden.
Ich werde das komplexe Thema der nachhaltigen Geldanlagen und der nachhaltigen Banken in später erscheinenden Blog-Lettern in loser Folge noch vertiefen.
Was sind nachhaltige Geldanlagen?
Diese Geldanlagen orientieren sich nicht nur an den ökonomischen Kriterien Rendite, Verfügbarkeit und Sicherheit, sondern auch an ökologischen und sozialen/ethischen Kriterien. Die Fondsanbieter nutzen verschiedene Auswahlprozesse bei ihrer Anlagestrategie, die auch miteinander kombiniert werden können:
- Mit Hilfe von definierten Positivkriterien lenken die Fonds die Gelder der Anleger gezielt in Branchen und Unternehmen mit ökologischen und sozialen/ethischen Standards.
- Durch definierte Negativkriterien werden bestimmte Unternehmen und Branchen von der Anlage ausgeschlossen. Ausschlusskriterien werden für jeden Fonds individuell festgelegt, z.B. Produktion von Waffen, Atomenergie, Alkohol, Tabak, Kinderarbeit, Verletzung von Menschenrechten, Gentechnologie und vieles mehr.
- Die geringsten Anforderungen hat der „Best in Class“ Ansatz: Die Fondsanbieter suchen Unternehmen aus, die zu den Vorbildlichsten der jeweiligen Branche in Sachen ökologische oder soziale Standards zählen. Keine Branche wird ausgeschlossen. Und das ist problematisch. Somit sind beispielsweise Beteiligungen an Ölkonzernen oder Rüstungskonzernen möglich.
Wer Aktienfonds kauft, wird Miteigentümer der Unternehmen, in die der Fonds investiert. Hunderte Aktienfonds, die angeblich in nachhaltige Unternehmen investieren, sind im Angebot. Doch nur wenige davon genügen strengen Nachhaltigkeitsanforderungen.
Tipps + Kicks:
Meine Suche nach Aktienfonds mit strengen Nachhaltigkeitsanforderungen und guter Rendite sieht so aus:
Schritt 1:
Ich analysiere Vergleichstest von neutralen Verbraucherorganisationen wie Stiftung Warentest/Finanztest und Öko-Test und fokussiere mich auf die am besten beurteilten Aktienfonds.
Zudem checke ich die Bewertungen diverser Aktienfonds der Branchenorganisation Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG). Die Übersicht der mit dem FNG Siegel 2019 ausgezeichneten Fonds (neben Aktienfonds auch Mischfonds und andere) findest Du unter www.fng-siegel.org.
Diese Analyseergebnisse sind für mich ein guter Einstieg, um einen Überblick über das Fondsangebot zu bekommen. Meine Favoriten kristallisieren sich schnell heraus – Aktienfonds mit hohen Ansprüchen an sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit und zugleich langjährig guten Wertsteigerungen.
Schritt 2:
Zusätzlich nutze ich den Fondsnavigator des Vergleichsportals Nachhaltiges Investment. Auf der Website www.nachhaltiges-investment.org kannst Du unter der Rubrik “Fonds” in der “Fondsdatenbank” eine Suche mit Hilfe diverser Kriterien vornehmen. Meine Eingaben im Fondsnavigator sehen wie folgt aus:
- Fondsarten: „Nachhaltigkeit-/Ethik-Fonds“
- Fondstypen: „Aktienfonds“
- Wertentwicklung: „5 Jahre“ auswählen, dann beispielsweise „20 % und mehr“ anklicken.
Aus der Vielzahl der angezeigten Treffer (über 80!) kann ich für einen direkten Vergleich jeweils drei Fonds auswählen. Dazu nehme ich die Fonds, die ich in Schritt 1 schon als eventuell passend identifiziert hatte.
Hier drei Fondsbeispiele zum „Üben“ im Fondsnavigator, mit Top Bewertungen durch Öko-Test 10/2015:
- ÖkoWorld ÖkoVision Classic
- Triodos Sustainable Pioneer Fund
- Steyler Fair und Nachhaltig Aktien R
Hilfreich ist der Vergleich der „Positivkriterien“ und „Negativkriterien“. Ich erkenne durch die Gegenüberstellung der Nachhaltigkeitsdetails schnell, welcher Fonds die strengeren Nachhaltigkeitsanforderungen hat.
Weiterhin vergleiche ich die Portfoliostruktur der Fonds nach Branchen, nach Ländern und nach Aktien. Erst wenn alle Aspekte, auch die Fondskosten, für mich stimmig sind, treffe ich meine Auswahl.
Schritt 3:
Ich investiere nicht nur in einen einzigen Aktienfonds. Ich streue das Anlagerisiko, in dem ich in mindestens fünf verschiedene Aktienfonds investiere, mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Regionen.
Alternativ zu Einmalbeträgen kann ein Anleger mit Fondssparplänen regelmäßig mit kleinen Beträgen in bestimmte Aktienfonds investieren, oft schon ab 25 Euro monatlich. Wertpapiersparpläne sind bei manchen Banken kostenlos.
Noch ein Wort zum Anlegerrisiko: Aufgrund der Risikostreuung auf diverse Aktienfonds bin ich an hunderten Unternehmen beteiligt – und sehe daher das Ausfallrisiko als sehr gering an. Außerdem lege ich nur einen Teil meiner Spargelder in Aktien an. Eine Cashreserve, beispielsweise auf dem Sparbuch, sollte immer zusätzlich vorhanden sein.
Schritt 4:
Ich weiß um die ständigen Auf’s und Ab’s der Börsenkurse – und ignoriere sie, um meine Nerven zu schonen. Stattdessen habe ich einen langen Atem für die nächsten 10 Jahre und freue mich auf eine langfristig gute Rendite, die ich mit Hilfe von nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen erzielen werde.
Die Renditen bei Aktienfonds sind attraktiv: Fondsstatistiken zeigen: „Je nachdem, wann ein Sparplan beginnt und je länger er läuft, kann mit Aktienfondssparplänen eine durchschnittliche Rendite von mehr als sechs Prozent jährlich erreicht werden.“ (www.handelsblatt.com)
Ein Rechenbeispiel: Bei einem monatlichen Sparbetrag von 50 Euro und einem angenommenen jährlichen Kurszuwachs von 5 % ergeben sich nach 10 Jahren rund 7.360 Euro, so der Fondsrechner des Portals www.zinsen-berechnen.de. Dabei sind die angenommenen Kosten von beispielsweise 2,5 % Ausgabeaufschlag und 0,5 % Verwaltungsgebühr schon abgezogen. Die Depotgebühren sind noch nicht berücksichtigt.
Ich empfehle Dir, Basiswissen zu nachhaltigen Geldanlagen aufzubauen. Dafür sind beispielsweise nachfolgende Quellen gut geeignet:
Stiftung Warentest und Öko-Test
Die Fondsvergleiche und Testergebnisse von Stiftung Warentest/Finanztest und Öko-Test sind in den Heften und online als kostenpflichtige Downloads beziehbar. Dort sind auch wichtige Informationen zu den unterschiedlich hohen Fondskosten zu finden, die bei der Auswahl der Fonds auch zu berücksichtigen sind.
„Geld bewegt“
Auf der Website www.geld-bewegt.de der Verbraucherzentrale Bremen e.V. gibt es neben verständlich aufbereitetem Basiswissen zu nachhaltigen Geldanlagen viele weitere nützliche Informationen zum Thema Geld, auch zu Banken mit Nachhaltigkeitsstandards.
Forum nachhaltige Geldanlagen
Das FNG Forum Nachhaltige Geldanlagen (www.forum-ng.org) ist seit 2001 der Fachverband für Nachhaltige Geldanlagen in Deutschland, Österreich, Liechtenstein und der Schweiz. Zu den ca. 170 Mitgliedern zählen Banken, Kapitalanlagegesellschaften, Versicherungen, Ratingagenturen, Investmentgesellschaften, Vermögensverwalter, Finanzberater, NGOs sowie rund 30 interessierte Privatpersonen. Alle seit 2016 mit dem FNG Gütesiegel ausgezeichneten Fonds findet man auf www.fng-siegel.org.
Für mich fühlt es sich gut an, dass ich auch meine – als Kleinanlegerin bescheidenen – Geldanlagen bewusst meinen Werten entsprechend steuern kann. Durch meine Fondsanteile bin ich Miteigentümerin an hunderten Unternehmen, die sich anstrengen, nachhaltig zu wirtschaften. Mit meinem Geld fördere ich somit eine Wirtschaft, die gut ist für Mensch und Natur.
Herzliche Grüße
Elke Vohrmann
Foto: © Elke Vohrmann